Montag, 10. Januar 2011

11 Die Robinson-Insel

Unser Abend plätschert so dahin. So wie er begonnen hat, wird er wohl enden. Wir sind viel zu träge, um nochmal in die Stadt zu laufen. Also essen wir im Hotel zu Abend und setzen uns noch eine Weile an die Bar. Wir spielen mal wieder „Georific“ und obwohl Dagmar eigentlich mehr weiß als ich, liege ich mit meinen geografischen Schätzungen oft näher dran als sie. Vier Spiele, alle gewonnen.
Inzwischen quält uns mal wieder ein DJ. Er hat, wie das heute so üblich ist, einen Laptop dabei und fährt die Titel so gruselig ineinander, dass man es kaum ertragen kann. Die Gäste im Hotel sind clever, die haben sich alle sofort verzogen. Als der Bub dann auch noch diese Ska-ähnliche Musik spielt, die hier wohl gerade modern ist, verlassen selbst die beiden deutschen Neuankömmlinge, die mit uns die einzigen Gäste stellen, die Bar. Um elf darf er aufhören und wir dürfen ins Bett.
Unser Katamaran
Montag morgen, sieben Uhr. Aufstehen zur Katamaranfahrt zur Robinson-Insel. Angeblich soll hier Robinson Crusoe gestrandet sein und ein halbes Leben lang mit seinem Freund (?) Freitag verbracht haben. Der Bus ist überpünktlich und ich bin eine Minute zu spät, weil ich das Ticket im Zimmer vergessen habe. Ein paar Kilometer später steigt ein Schweizer Pärchen ein, dass sich sofort mit uns unterhält und einen sehr netten Eindruck macht. Der nächste Zugang ist ein Ehepaar aus München – wie sich später herausstellt, auch vom Allernettesten. Schließlich steigt noch ein recht mürrisches französisches Ehepaar zu, zu dem aber keiner sonst irgendwelche Kontakte knüpft. Kein Wunder, dass die so mürrisch sind - wurden sie doch versehentlich einer deutschen Gruppe zugeteilt. Wir fahren eine halbe Ewigkeit quer durch den Norden runter in den Osten, wo uns ein Motorboot zu einem imposanten Katamaran fährt. Mit nur 45 PS betrieben, schleicht sich der Riese aus dem Hafen, während uns Dutzende von Schnellbooten auf beiden Seiten überholen, voll mit grölenden Touristen. Wir sind nur zu acht – plus der Crew. Das heißt, wir haben eine Menge Platz. Und die Crew hat verhältnismäßig wenig Arbeit mit uns. Irgendwann wird der Motor abgeschaltet und die Segel verrichten ihren Auftrag. Still gleiten wir durch so manche Bucht. Der Schweizer entpuppt sich als Gastronom mit jahrelanger DJ-Erfahrung. Außerdem veranstaltet er Konzerte in der Schweiz. Er und seine nette blonde Freundin haben vier Lokale in Appenzell. In drei Monaten wird geheiratet. Der Münchner hat einen wasserdichten Fotoapparat dabei. Also ein Gerät, das noch mit richtigen Filmen funktioniert. Immer wieder erstaunlich, was es früher alles mal gegeben hat. Gegen halb elf wird schon wieder das obligatorische Bier angeboten. Unser Schweizer zieht ein Rum-Cola-Getränk vor. Er hat so in etwa meine Figur (also ein klein wenig überproportioniert) und erzählt mit von seinen schlechten Erfahrungen mit diversen Popstars. Je länger jemand erfolglos ist, desto schlimmer sind die Verträge und das Benehmen der Stars. Barcley James Harvest beispielsweise muss es extrem dolle getrieben haben. Der Vertrag war 30 Seiten lang. In deutsch. Und dann nochmal weitere 30 Seiten in Englisch. Erst wollten sie im besten Hotel am Platz nicht essen, taten es dann mangels brauchbarer Alternative dann doch, verzehrten aber gerade mal für ca. 5 Franken pro Person, wovon man auch im Appenzeller Land nicht satt wird. Kurz vorm Auftritt hatten sie dann plötzlich Hunger. Die Mutter unseres neuen Bekannten soll sie dann mit Bratwurst und Brötchen gefüttert haben. Vergebene Liebesmüh, denn Les Holroyd, der Sänger von Barclay James Harvest, wollte nicht auftreten, weil ihm die Windgeräusche der Open-Air-Veranstaltung zu laut waren. Eigentlich hätte sich unser Schweizer gar nicht direkt mit ihm unterhalten dürfen, aber da ist dem Guten dann doch die Hutschnur geplatzt. Ein paar deutliche Worte und die Band ist aufgetreten. Es war ein Scheiß-Konzert.
Ich kenne die drei ja ganz anders. Als Barclay James Harvest vor zig Jahren im Tonstudio von Frank Farian eine neue Platte aufnahmen (Keine CD, eine Platte!!!), war ich ja noch bei Frankieboy als Studiomanager und Toningenieur angestellt. Die Band samt Management war sehr diszipliniert, alles klappte bestens. Selbst unser ständig bekiffter Servicetechniker (sowas war bei einem NEVE-Mischpult und den damals erstmals eingesetzten Digitalmehrspurmaschinen absolut nötig - also nicht das Kiffen, sondern der Techniker) wurde von den Jungs von der Insel akzeptiert. Les Holroyd hatte sich sogar in Bad Homburg irgendwo auf der Promenade eingemietet und die drei oder vier Monate verliefen in völliger Harmonie. Ich war damals so dreist, als Moderator bei hr3 den Fans anzubieten, ihnen ein Autogramm von Barclay James Harvest zu besorgen. Dass sich darauf einige Hundert gemeldet hatten, wird mir mein Briefträger nie verziehen haben. Ohne mit der Wimper zu zucken, unterschrieben die drei – eigentlich eher stillen – Musiker die Karten und kehrten zur Tagesordnung zurück. Aber wie schon eingangs erwähnt. Erfolg verdirbt. Und wenn der Erfolg dann plötzlich ausbleibt, wird alles nur noch peinlich...
Zurück auf den Katamaran. Peinlich wird es hier auch, weil wir jetzt alle schnorcheln sollen. Natürlich habe ich meine Badehose diesmal unter die normale Hose gezogen, so dass ich mit wenigen Griffen wasserbereit bin. Dass der Katamaran genügend Räume hat, um sich ungestört umzuziehen, erwähne ich nur am Rande. Das Wasser ist zwar sehr sauber, aber auch mit Korallen und Seeigeln gefüllt. Wir müssen also Flossen anziehen. Ich hasse Flossen, weil ich dann nicht mehr Herr meiner Füße bin (die ich übrigens im Wasser klar sehen kann).
Aber ich habe brav mitgespielt. Daggi kann mit diesen Flossen supertoll durch die Wellen pflügen. Ich kann das nicht und sehe aus wie ein Clown mit Flossen. Also tappse ich wieder an Bord, schmeiße die Flossen von mir und habe für den Rest des Ausflugs `ne nasse Badehose an.
Mal wieder ein Wasserfall
Wir fahren nun zu einem Wasserfall. Mal wieder. Der Katamaran würde dort nicht wenden können, also steigen wir wieder in unser Begleitboot um. Für mauritianische Verhältnisse ist der Wasserfall ganz ordentlich. Nach fünf Minuten sind wir wieder im Katamaran und steuern den nächsten Programmpunkt an, der da heißt: Essen fassen! Die Jungs haben inzwischen Speis und Trank zubereitet, der in etwa dem entspricht, was wir vor zwei Tagen auf der Insel bekommen haben. Dazu Bier, Wein und Rum. Versehentlich stößt Dagmar meinen Weinbecher um, den ich unvorsichtigerweise in die Nähe ihres Ellbogens platziert hatte. Das gute Stück plumpst ins Wasser. Ich denke mir nichts dabei; es wird ja wohl noch einen Ersatzbecher geben. Aber von wegen. Es dauert gut fünf Minuten, bis die Crew des Katamarans den Becher wieder aus dem Meer gefischt hat. Umweltschutz eben. Wie viel Dreck die Motoren bei dieser Aktion verschleudert haben, ist ja unwichtig.
Die nächste Station ist nun endlich die Robinson-Insel. Falls die vor ein paar Jahrhunderten wirklich mal unbewohnt gewesen sein soll, hat sich dies mittlerweile extrem verändert. Es gibt ein Restaurant, Geschäfte, eine Bar und sogar Toiletten mit Dusch- und Umziehräumen, falls man seine salzigen Badesachen ausziehen will. Unsere Gruppe wird schlagartig auseinandergerissen und findet sich für die nächsten zweieinhalb Stunden nicht wieder, weil einfach viel zu viele Touristen auf der Insel sind. Wir landen auf der Terrasse der Bar, bei der gerade ein Medley alter Boney M,-Hits läuft. Farian zum Zweiten an diesem Tag. Etwas leichtsinnig bestelle ich eine Karaffe Rosé, nach deren Vertilgung ich dringend Urlaub brauche.

Unser Beiboot holt uns pünktlich für die Rückfahrt ab. Auch jetzt müssen wir wieder Getränke vernichten. Ich werfe meinen Becher ein weiteres Mal um, ohne ihn aber diesmal an das Meer zu verlieren. Schade nur um den Inhalt. Aber immerhin ein Grund, sich endlich wieder umzuziehen.
Wir drei deutschen Paare sind inzwischen prima ins Gespräch gekommen. Wir fragen die Schweizer, ob sie heute Abend noch mit in unser Lokal in Grand Baie kommen wollen. Aber die beiden sind schon ziemlich fertig. Um acht ist bei denen Schicht. So wie im ganzen Hotel.
Die beiden Münchner werden auch nicht mehr wegkommen. Morgen früh um fünf klingelt bei denen der Wecker, weil es zurück nach Hause geht. Schade eigentlich.

Und so zuckeln wir mit dem Bus dann schließlich wieder zurück in unsere Hotels. Während ich dies schreibe, sitzen wir frisch geduscht an der Bar und warten darauf, das Abendessen einnehmen zu können.

Ob wir danach noch rüberlaufen, um der Einöde zu entgehen, weiß ich noch nicht. Daggi hat Halsschmerzen und ich wurde gerade schon wieder von einer Mücke gestochen. Siechtum überall.
Und Hunger.
(Irgendwie passen die
Sätze nicht mehr zusammen, also ende ich diesmal mittendri


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