Donnerstag, 6. Januar 2011

08 Der Süden - komplett

Donnerstag, 6. Januar 2011 um sieben Uhr morgens. Höchste Zeit, für unsere erste Tour auf dieser Insel aus den Federn zu springen. Von gestern gibt es nichts Besonderes mehr zu berichten. Höchstens, dass wir uns darauf geeinigt haben, die Halbpension nicht mehr so häufig in Anspruch zu nehmen. Das musikalische Angebot des Hotels ist auch alles Andere als ein „Must have“, so dass wir gestern Abend auf unserer Terrasse saßen, ein Fläschlein australischen Chardonnays verdrückten und unsere Musik aus dem iPad kam. Geniale Musikauswahl. Wer das wohl wieder zusammengestellt hat...

Auf unserer Terrasse
Doch nun zum großen Ausflug.  Der Tourbus kommt mit leichter Verspätung - und zu meiner großen Überraschung sitzt da drin schon ein Pärchen, mit dem ich am Sonntag morgen vom Flughafen ins Hotel gefahren bin. Er ist ein jovialer Immobilienkaufmann aus Bad Vilbel und seine Frau/Freundin; eine Schneiderin für Hochzeits- und Abendkleider aus Polen. Vor dem eigentlichen Start der Tour musste noch ein weiteres Pärchen abgeholt werden. Zu Dagmars großer Überraschung handelt es sich um ein Pärchen, mit dem sie am Dienstag morgen vom Flughafen ins Hotel gefahren ist. Die Insel ist halt doch ziemlich klein. Beide hörbar aus Sachsen. Das dritte Pärchen kommt aus Luxembourg. In Port Louis, der Hauptstadt der Insel, steigt dann auch unsere Tourleiterin zu. Eine mollige 50-jährige mit sehr guten Deutschkenntnissen und nur einem Fehler: Sie kann den Mund nicht halten. Was sie uns alles in den insgesamt sechs Stunden erzählt, hat nur zu 10% mit der Insel oder deren Sehenswürdigkeiten zu tun. Wir wissen nun alles über ihre Ehe (geschiedener Mann, inzwischen gestorben), ihre Kinder (Junge 18, Mädchen 17), deren Erziehungsprobleme (reicht der Platz nicht), ihr Gehalt (umgerechnet 150.- Euro im Monat), ihre Ängste und Sorgen, ihre Altersvorsorge und und und... Mit diesen ganzen Informationen müsste ich in der Lage sein, einen sozialkritischen Roman über das Leben im vermeintlichen Paradies zu verfassen. Dass sie mehrmals erwähnt, dass sie verrückt sei, bleibt von allen Teilnehmern unwidersprochen. Außer von uns bekommt sie auch kein Trinkgeld (was ich auch eher als Schweigegeld betrachtet habe).

Doch nun zu den Sehenswürdigkeiten im Süden dieser wunderschönen Insel. (Ich muss das alles immer wieder mal betonen, sonst denkt ihr, mein Gemecker müsse negativ bewertet werden. Alles ist schön: Das Hotel, die riesengroßen Pools, die Zimmer. Die Natur ist einzigartig, die Menschen sind extrem freundlich und man fühlt sich sicherer als irgendwo sonst auf dieser Erde – soweit ich das bisher beurteilen kann. Mein Kritik besteht nur aus Beobachtungen, die Raum zur Optimierung bieten. Wie im Hotel z.B. das Buffett oder die musikalische Berieselung.)

Als erstes besuchen wir eine Werkstatt für Holzspielzeug, um das mal etwas despektierlich zu sagen. Tatsächlich werden hier Schiffsmodelle aus Holz in wochenlanger Handarbeit angefertigt, die so wunderschön aussehen, dass man sie sich gerne ins Wohnzimmer stellen würde – wenn man darauf steht. Bei mir passt die Titanic oder die Gorch Fock leider nicht rein. Außerdem werden hier Flugzeuge aus Holz gebastelt (Daggi hätte sich beinahe eine Boing 727 gekauft). Die Preise sind für diese Wahnsinnsfummelei moderat: Ein großes Schiff (ca. 70 cm lang) bekommt man schon für 105.- Euro. Passt leider nicht in den Koffer und bleibt somit vor Ort.
Spielzeug für Erwachsene

Direkt gegenüber hat ein gewisser Hugo Boss seinen Laden. Hier gibt es alles, was das Modeherz begehrt, zum deutlich günstigeren Preis als auf der Frankfurter Zeil, was wohl auch daran liegt, dass die ganzen Sachen hier hergestellt werden. Allerdings sind die Dinge nicht so billig, wie man es vielleicht erwarten könnte. Leider haben wir nicht genug Zeit, uns gründlich umzusehen. Dazu müssen wir wohl noch ein zweites Mal nach Port Louis fahren.

Weiter fährt der Bus durch die morgendliche Rushhour gen Süden. Wir fahren an einer Villa vorbei, die angeblich dem Besitzer von Coca Cola gehört. Noch interessanter ist, dass der Besitzer von Pepsi-Cola gleich nebenan wohnt. Falls der geneigte Leser unter diesen Umständen selbst mit dem Gedanken spielt, sich hier häuslich niederzulassen, dem seien einige Voraussetzungen verkündet: So darf man nur hierher ziehen, wenn man mit seinem eigenen Geld im Land investiert. Sollte man einen Mauritier oder eine Mauritierin heiraten, darf man auch ins Land. Wenn sich die Ehe aber als glücklos erweisen sollte, muss man spätestens zwei Jahre nach der Scheidung das Land wieder verlassen haben. Die sozialen Unterschiede sind hier noch um einiges größer als bei uns. Das gesamt Geld der Insel befindet sich in gerade mal 15 Familien. Wenn ein Mitglied dieser Familie jemanden heiraten will, der nicht diesem Stande angehört, wird er enterbt, was letztendlich die Inzucht nicht unerheblich fördert.

Weiter mit der Tour. Mauritius ist irgendwann mal aus einem Vulkan entstanden. Reunion, die Nachbarinsel hängt da auch irgendwie unterirdisch mit drin. Alle Vulkane sind inzwischen erloschen und da liegt es nahe, uns Touristen mal in den Schlund eines solchen Ungetüms blicken zu lassen. Hübsch, sehr hübsch.

Weiter geht’s zu einem monumentalen Hindu-Denkmal. Eine Menge Götter und ihre Geschichten werden uns erklärt – das ist alles ein bisschen kompliziert zu verstehen und soll hier nicht weiter vertieft werden. Interessant ist vielleicht, dass in dem See am Tempel unglaublich viele Aale unglaublich viel Weißbrot fressen, dass von unglaublich vielen Touristen da reingeworfen wird.
Götter ohne Ende

Apropop Wasser: Das Trinkwasser der Insel kommt aus diversen Bergseen, die den häufigen Regen einfangen. Es ist derzeit nicht nur Zyklon-Zeit, sondern auch Regenzeit, was wir an den ständigen kleinen und großen Schauern merken, die uns auf der Tour begleiten. Trotzdem fehlt Wasser. Die Seen sind schon zur Hälfte ausgetrocknet. 1999 soll es so schlimm gewesen sein, dass selbst Touristen nur zwei Liter Wasser am Tag verbrauchen durften. Beschließe spontan, den Trinkwasserverbrauch deutlich zu reduzieren und nur noch Cocktails zu trinken.

Inzwischen ist es 12 Uhr mittags geworden und wir laufen zur im Tourpreis inbegriffenen Mittagsmahlzeit ein. Ein sehr schönes, sehr großes Holz-Restaurant mitten in den Bergen. Chirac war schon hier, Prinz Edward aus dem Buckingham-Palace und jetzt wir. Eine würdige Entwicklung. Auch hier hat man sich auf ein Buffett spezialisiert. Ein Buffett allerdings, dass sehr viele unterschiedliche Speisen bietet, die allesamt supergut schmecken und die wir hier in der Einöde auch gar nicht erwartet haben. Bis auf das Problem, dass die Dame aus Sachsen die Chilipaste vielleicht nicht mit dem großen Löffel hätte essen sollen, ist alles ganz harmonisch. In den wenigen Kaupausen, die uns unsere Führerin lässt, können wir uns auch untereinander ein bisschen näher kommen. Und wir machen den ersten Kontakt mit weiteren Geschöpfen dieser Insel: Fast jeder fängt sich ein paar Mückenstiche ein.
Fast wie im Dschungelcamp - nur ohne Maden

Aber schon nach etwa 30 Minuten geht die Tour weiter. Jetzt geht es in das Naturschutzgebiet von Mauritius. Früher bestand die Insel ja zu 100% aus Wäldern. Jetzt sind es angeblich nur noch 10% und die müssen natürlich geschützt werden. Erste Station: Der Wasserfall. Ein bisschen mickrig, wenn man schon mal den Niagara-Fall gesehen hat, aber immerhin auch echt. Der einsetzende Regen hat alle Mücken dieser Erde hierher gelockt, so dass ich es vorziehe, im Bus zu bleiben. Außerdem fängt es an zu hageln. Dagmar kämpft sich tapfer durch und wird auch kaum nass, da die Bäume den Regen doch sehr abhalten. Zweite Station: Die sieben Farben. Wenn man weiß, dass ein PC im Schnitt 16,8 Millionen Farben darstellen kann, haut einen das nicht um, aber es handelt sich hier um sieben verschiedene Farben von Erde, die aufgrund unterschiedlicher Materialzusammensetzungen und diverser Oxidationsprozesse eben diese sieben verschiedenen Farben angenommen haben. Klauen der Erde ist verboten. Ich wüsste auch nicht, was ich damit anfangen sollte. Man bekommt sie sowieso an jedem Andenkenstand, wobei ich zu bedenken gebe, dass es sich dabei um Fälschungen handeln könnte.

Könnte auch mal ´ne Faltencreme gebrauchen: 250-jährige Schildkröte

Letzte Station: Uralte Schildkröten. Papa und Mama sind so um die 250 Jahre alt und die Kinder (die sich im Dreck wälzen, wie es sich für Kinder gehört) sind auch schon um die siebzig. Bevor ich beginne, Vergleiche der Schildkrötenhaut mit der Haut anwesender Tourteilnehmer durchzuführen, schlurfe ich lieber wieder in den Bus. Das war´s, weitere Besichtigungen verbieten sich schon alleine aufgrund des einsetzenden Tropensturms. Die Rückfahrt ins Hotel dauert dann fast noch zwei Stunden und wir sind ziemlich K.O.

Das Abendprogramm sieht Hummeressen vor. Mal sehen, was daraus wird...




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