Samstag, 8. Januar 2011

09 Der Hummer war der Hammer

Auch wenn das der Hummer vermutlich anders sieht: aber unser Hummeressen ist wirklich klasse. Zwei Riesenviecher mit vier Soßen, Gemüse, Salaten und Reis. So alle paar Jahre muss man sich das mal leisten. Dies ist erst mein dritter Hummer am Stück; Daggi hatte schon öfter Gelegenheit, sich diese Biester einzuverleiben. Nach dem Festessen gehen wir noch in unsere WLAN-Kneipe „Cocoloko“ und aktualisieren unseren Maileingang. Gegen Mitternacht Heia.

Über den heutigen Freitag lässt sich zunächst nicht viel berichten. Nach dem Frühstück mache ich es mir in unserem Bad gemütlich, schließe das Mikrophon an und spreche die aktuellen Ansagen für Antenne Brandenburg. Das Bad hat nämlich die beste Akustik in unserem Apartment. Die Aufnahmen klingen im Kopfhörer ausgezeichnet, sodass ich ab sofort hier auch Aufträge annehmen kann. Wir sind ja schließlich nicht zum Vergnügen hier...

Dann ist Pooltime. Die Poolgymnastik lassen wir aus. Stattdessen traue ich mich ein weiteres Mal ins Meer, in dieses wunderbare, supersaubere Wasser. (Ihr seht, ich lerne schnell...) Meine Füße kann ich immer noch nicht sehen, aber das wird vielleicht an meinen Augen liegen...

Dann ein bisschen relaxen, lesen, rumtrödeln, schwätzen und schatzen. Es ist verdammt heiß heute. Wer immer behauptet hat, auf Mauritius wären es immer zwischen 28 und 30 Grad, hat großen Stuss erzählt. Unsere gestrige Reiseleiterin sagte, es kann im Winter bis zu sieben Grad kalt werden und im Hochsommer sogar weit über 40 Grad. Im Schatten. Den sollte man demzufolge meiden.
Heute sind es gute dreißig Grad. OK, Ihr da in Deutschland, ich habe heute einige Facebook-Meldungen mit den aktuellen Temperaturen von Euch gelesen. Bitte seid nicht neidisch, aber heißer als heute sollte es bitteschön nicht mehr werden. Allein die 400 Meter einmal rund ums Hotel auf der Suche nach einer alternativen Futterquelle ( - die es nicht gibt - ), kosten uns die letzten Kräfte. Wir essen also im Hotel „A la carte“. Für Dagmars Salat und meinen Clubsandwich braucht die Küche geschlagene 45 Minuten. Wird wohl an der Hitze liegen.

Völlig geplättet legen wir erstmal eine Mittagspause ein. Gerade im schönsten Tiefschlaf wecken uns die Zimmermädchen. Also raus aus der Kiste und ab ins „Cocoloko“ und mit Kaffee und Fruchtsäften die Lebensgeister reanimiert. Denn unser Tagesziel heißt „PORT LOUIS“, die Hauptstadt der Insel. Weil wir beide ja recht selbstständige Menschen sind, verzichten wir auf den Luxus einer geführten Profitour und nehmen den Bus. Aus dem ersten Bus müssen wir gleich wieder aussteigen, weil der in die falsche Richtung fährt. Aber der zweite alte Klapperkasten der Marke British Leyland (früher sagte man immer „British Elend“, haha) bringt uns in etwa 70 Minuten in die zwanzig Kilometer entfernte Metropole. Auf Stoßdämpfer hat man in diesem Modell verzichtet, so dass jeder Hubbel auf der Straße zu einer Zerreissprobe für meine Bandscheiben wird. Daggi macht´s nix aus. In meinem nächsten Leben werde ich auch sportlich.

Von der Stadt selbst sehen wir gar nicht sonderlich viel. Vom Busbahnhof laufen wir bis zum Postmuseum, um uns die „Blaue Mauritius“ anzusehen. Diese berühmte Briefmarke gibt’s nur ein paarmal auf der Welt. Berühmt ist sie nur deshalb, weil sie ein Fehldruck ist. Gefehlt haben wir auch in der Annahme, dass dieses Briefmarkenjunkiehighlight einfach so zu besichtigen wäre. Es ist gerade mal zwanzig Minuten nach 17.00 Uhr – und das Museum hat geschlossen. Na ja, denken wir, wenn wir schon mal hier sind, schauen wir uns eben diese großartigen Einkaufspassagen an, die man hier direkt am Hafen neu erbaut hat. Die Namen der berühmtesten Modeschöpfer reihen sich Geschäft für Geschäft auf – alleine kaufen kann man nichts. Es ist 17.30 Uhr und die Läden sind zu. Nochmal zum Mitschreiben: ES IST FREITAG ABEND UM 17:30 UND DIE LÄDEN SIND ZU!!!!! Fast alle. Irgendwelchen Billigkrempel bekommt man auch jetzt noch vereinzelt.

Das ist für uns irgendwie schwer zu verstehen. Da beträgt der durchschnittliche Monatslohn also nur umgerechnet 7,50 am Tag und dann schließen sie die Läden schon um 16.00 Uhr zu. (Ja, genau: 16:00 Uhr ist die offizielle Ladenschlusszeit!). Obwohl, eigentlich macht es ja Sinn. Wenn man erst um 16.00 Uhr Feierabend hat, kann man das mühsam verdiente Geld dann wenigstens auch nicht mehr ausgeben. Kaufen können sowieso nur die Touristen oder die 15 reichen Familien mit ihren Clans. (Unsere Reiseleiterin: „Oben wohnen die Reichen, unten die Bunten.“)

Wir zählen uns weder zu den Reichen ( - alles ist relativ - ) und auch nicht zu den Bunten, obwohl wir inzwischen deutliche Schäden durch Sonneneinwirkung zu verzeichnen haben, aber wir wollen den Abend in Port Louis doch wenigstens mit einem schönen Abendessen beenden. Es ist noch ein bisschen früh für die Speisekarte, aber für ein Pint Bier in einem sogenannten „PUB“ passt die Uhrzeit feinstens. Auch hier wieder problemloses, kostenloses Internet für alle. Warum gibt´s sowas bei uns immer noch nicht?

Rund um das geschlossene Einkaufszentrum befinden sich Dutzende von FastFood-Restaurants und Kneipen. Sogar ein Spielcasino lacht uns an, hat aber beileibe nicht das Flair der „Mutter von Monte Carlo“, also der Bad Homburger Spielbank. Da wir keinen Bock auf FAST FOOD haben, landen wir nach langer Suche auf einem Schiff. Es ist ein italienisches Restaurant namens „Mamma Italia“, das sehr romantisch im Hafen verankert ist. Man sitzt im Freien – unter Baldachinen – und hört feine Musik, während das traumhafte Personal die lukullischen Kostbarkeiten anschmort, auf die man schon seit zehn Jahren wartet. Hatten wir uns jedenfalls so vorgestellt. Es kam ein bisschen anders. Die Flasche Rosé-Wein, die ich leichtsinnigerweise geordert hatte („Bei dem Preis kann man nichts falsch machen!“) entpuppte sich als klebrige Süßspeise mit Spritgeschmack. Nur durch Verdünnen mit Perrier (die Flasche zu 10 Euro) und der Zugabe von Eiswürfeln und Zitronenscheiben ließ sich diese Plörre runterschlucken. Vermutlich ist das die erste Flasche Wein, die ich nicht ausgetrunken habe.
Nun denn, wir wollten ja nicht unhöflich sein und haben uns sehr auf das Essen gefreut. Die Melone mit Schinken war auch allerfeinst. Ich war fast schon wieder guter Laune. Dann aber kamen die Hauptgerichte. Daggi hatte vier gekochte Rindfleischscheiben mit Tomatensoße. Und vier Scheiben Baguette. Sonst nichts. Kein Gemüse, kein Salat, keine Kartoffeln, Reis oder sonstige „Sättigungsbeilagen“. Nur Fleisch mit Brot. Mein „Saltimbuco Romana“ entpuppte sich als vier Scheiben gekochte Rindfleischscheiben mit einer Schicht Kochkäse und zerstückelten Formschinkenscheiben obendrauf, garniert von sieben (!) Scheiben Baguette und einer geraspelten Möhre. Wir haben das Essen abgebrochen und sind geflohen. Wenn die Mafia hier Fuß fassen will, muss sie erst mal ein paar gescheite Köche herschicken.
Port Louis

Auf dem Weg zum Taxistand läuft mir eine Fastfood-Kellnerin mit gebratenen Nudeln über den Weg. Vollbremsung, Bestellung, Verputzung. Bin jetzt endlich satt.

Das Taxi nach Hause ist auch so ein Abenteuer. Das japanische Gefährt unseres Chauffeurs dürfte so in den sechziger Jahren zugelassen worden sein. Es funktionieren weder eine Instrumentenbeleuchtung noch die Instrumente selbst; das Licht der Scheinwerfer erhellt eher den Himmel denn die Fahrbahn, der Auspuff ist löchriger als die Innenverkleidung und die fehlenden Stoßdämpfer harmonieren mit der durchgesessenen Rückbank auf das Vorzüglichste. Der Zustand des Fahrzeugs zwingt unseren Fahrer daher, sehr vorsichtig zu chauffieren, sodass sich unsere Angst in Grenzen hält.

Daggis Angst wird dann nur durch die KARAOKE-Party im Hotel geweckt. Ich war nämlich mal wieder fast so weit, „Yesterday“ von den Beatles vorzutragen. Zum Glück gibt es dafür kein Playback. Also setzen wir uns noch ein bisschen auf die Terrasse an unserem Apartment. Daggi liest, ich schreib diese Zeilen und jetzt wird es höchste Zeit für einen Turboschlaf: Um fünf Uhr klingelt der Wecker, weil wir partout Delfine sehen wollen.

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